Kulturreferat für Oberschlesien

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Podium Silesia. Beiträge zur Geschichte Oberschlesiens: Buchvorstellung „Fritz Bracht – Gauleiter und Oberpräsident von Oberschlesien“

Buchvorstellung „Fritz Bracht – Gauleiter und Oberpräsident von Oberschlesien“ am 23. Juni um 18:30Uhr im Haus Oberschlesien mit dem Autor Dr. Mirosław Węcki

 

Fritz Bracht war der wichtigste Nazi-Würdenträger während des Zweiten Weltkriegs in Oberschlesien. Als Gauleiter (Leiter der regionalen NSDAP) und Oberpräsident (Leiter der Zivilverwaltung) gehörte er zu einer Elitegruppe von Funktonären, denen Adolf Hitler die Verwaltung des besetzten Polens anvertraute. Obwohl er ein entscheidender Teil der NS-Vernichtungsmaschinerie war, wurde über ihn bislang wenig geschrieben. Nun ist vom polnischen Historiker Dr. Mirosław Węcki (Kattowitz) ein Buch herausgebracht worden, „ein erster Versuch eine vollständigere Biografie des Mannes vorzulegen, der für die gesamte Politik des Dritten Reiches gegenüber Oberschlesien verantwortlich war”.

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Fritz Bracht – Gauleiter und Oberpräsident von Oberschlesien

Der 1899 in Heiden-Lippe geborene Fritz Bracht gehörte zu einer Generation von Deutschen, deren Sozialisation in den Schützengräben des Ersten Weltkriegs stattfand. Einige Jahre nach Kriegsende wurde er Anhänger einer neuen Gruppierung auf der politischen Landkarte Deutschlands, der NSDAP. Bereits 1926 trat er in die Partei ein, was ihm später den Status eines im Dritten Reich verehrten „alten Kämpfers“ einbrachte. Er kletterte schnell die Leiter der Parteihierarchie hinauf. Bei der nationalsozialistischen Machtübernahme war er Kreisleiter im westfälischen Kreis Altena. Der Wendepunkt in seiner Karriere kam 1935, als sein Vorgesetzter Josef Wagner, NSDAP-Gauleiter „Westfalen-Süd“, den Gauleiter-Posten in Schlesien übernahm. Bracht wurde zum stellvertretenden Gauleiter in Breslau befördert. Ende der 1930er Jahre leitete er die NSDAP-Strukturen im Gau Schlesien de facto schon in Eigenverantwortung. Nach Kriegsausbruch überwachte er den Aufbau des Parteiapparates, in dem vom Dritten Reich annektierten, polnischen Teil Oberschlesiens. Im Januar 1941 wurde er zum Gauleiter und Oberpräsidenten des neu geschaffenen Gaues Oberschlesien ernannt und gehörte damit zu jenen Würdenträgern der NSDAP, die Adolf Hitler als seine „Vizekönige“ bezeichnete. Der gelernte Gärtner Bracht wurde so zum Verwalter des zweitwichtigsten Industriegebietes   des   Dritten   Reiches. Ein wichtiges Feld seiner Tätigkeit war die verbrecherische Volkstumspolitik, die auf eine vollständige „Eindeutschung“ der Bewohner Oberschlesiens abzielte. In dem Bracht unterstellten Gau befand sich eines der schrecklichsten Todeslager der Nazis, das KZ Auschwitz-Birkenau. Der Gauleiter von Oberschlesien, der die offiziellen Besuche des Reichsführers SS Heinrich Himmler begleitete, beobachtete dort persönlich den Prozess der Ermordung der Juden in den Gaskammern. Zum Ende des Krieges bereitete er fanatisch seinen Bezirk auf die Verteidigung gegen die Rote Armee vor. Im Januar 1945 scheiterte sein Plan, die Menschen aus dem oberschlesischen Industriegebiet zu evakuieren, an der Geschwindigkeit des sowjetischen Vormarsches. Am 9. Mai 1945 begingen er und seine Frau im niederschlesischen Kurort Bad Kudowa Selbstmord. Zweifellos entkam er auf diese Weise dem zu erwartenden Prozess wegen seiner Kriegsverbrechen und wahrscheinlich auch der damit verbundenen Todesstrafe.

 

Dr. Mirosław Węcki, Historiker, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Geschichte der Schlesischen Universität in Kattowitz und dem Historischen Forschungsbüro des Instituts des Nationalen Gedenkens in Kattowitz. Sein Forschungsschwerpunkt ist die Geschichte Oberschlesiens in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, insbesondere in der Zeit der nationalsozialistischen Diktatur.

 

 

 Bracht Skrabania

Dieses Buch wurde vom Kulturreferenten für Oberschlesien am Oberschlesischen Landesmuseum, Dr. David Skrabania, übersetzt und ist im Museumsshop käuflich zu erwerben. Für Skrabania ist das Buch ein wichtiger Beitrag zur Aufarbeitung von NS-Unrecht in Oberschlesien. „Im Gegensatz zu Nazi-Größen wie Hans Frank, Arthur Greiser, Albert Forster oder Erich Koch ist Bracht im Schrifttum bislang zu wenig thematisiert. Dabei ist es der Mann, der an vielen NS-Verbrechen Mitschuld trägt und für die Umsetzung der NS- Volkstumspolitik in diesem Bereich verantwortlich ist“, sagt der promovierte Historiker und Slawist. Daher könne man schon sagen, dass es sich hier um ein außerordentlich wichtiges Werk handelt.